Leutasch+Rosshütte MO, 9.3.2020 - Vor dem großen Knall
- Repost aus dem Alpinforum - Dieser Bericht wurde am 14.03.2020 geschrieben. Nur einen Tag danach wurden alle Seilbahnen in Österreich geschlossen. Und da ging die ganze Sache ja erst los... -
Am Montag in der Früh - das ist erst ein paar Tage her - sah die Welt noch anders aus. Das Coronavirus war sicher schon ein Thema, aber doch noch recht weit weg. Die Lombardei und ein paar anderen Regionen Italiens waren schon zur roten Zone erklärt, irgendwo in Italien - das stört ja nicht. In Tirol gab es eine Handvoll von Infizierten.
Am Montag hatte ich morgens in der Uni eine Prüfung, um mich danach zu "belohnen" wollte ich gleich danach Skifahren gehen. Was kommt da in Frage, schnell von Innsbruck öffentlich erreichbar muss es natürlich sein. Gerne auch mit einem Lift, den ich bisher nie geschafft habe - da kamen die Bergeralm mit dem Hochsonnlift in Frage (bisher immer geschlossen, wenn ich dort war), aber auch der Kreithlift in Leutasch. Wenn es mir da zu langweilig wird, würde ich eben zur Rosshütte wechseln.
Hochsonnlift war dann am Montag doch wieder geschlossen - ist anscheinend nur am WE in Betrieb - und das Wetter war im Seefelder Bereich auch besser gemeldet. Also Leutasch!
Als ich nach der Prüfung das Handy wieder einschalte, bekomme ich von einem Studienkollegen die Nachricht, dass es einen Corona-Fall in meinem Studiengang gab. Er soll sich jetzt für 2 Wochen isolieren, weil er zusammen mit ihm im Hörsaal saß. Ich habe das Glück, kein Fach mit dieser Person belegt zu haben (und das Semester ging ja erst eine Woche) - aber plötzlich ist Corona sehr präsent. Es sollte die erste in einer Serie von Meldungen sein, die ziemlich viel in dieser Woche veränderten - ungefähr alle 12 Stunden eine neue Hiobsbotschaft...
Nach einer ersten "Katastrophenbesprechung" mit meinen Mitbewohner wollte ich dann doch einfach raus - und der erwartete Andrang in Leutasch sollte ja wohl eher wenig Risiko für Corona bedeuten. Mittlerweile war es 12 Uhr, aber für Leutasch war der Nachmittag noch lang genug. Also in den Zug und in Seefeld in den Bus - der war ziemlich bevölkert von Schülern und zum ersten Mal war mir etwas unwohl, in einer "Menschenmasse" zu stehen. Die Schüler waren noch völlig unbekümmert und rauften miteinander, wie Schüler das eben so tun.
Angekommen am Kreithlift. Es ist schon ein ungewöhnliches Skigebiet, was in der Vergangenheit einige Eigentümerwechsel hinter sich hat und auch eine oder mehrere Saisons nicht in Betrieb war...
(Tracks Anklicken zum Vergrößern) - LINK ZUM OFFIZIELLEN PISTENPLAN
Das Skigebiet besteht aus einer 3SB und einem SL. Ein weiterer sehr kurzer SL wurde wohl mit dem letzten Betreiberwechsel geschliffen, stattdessen konnte ich ein Förderband sichten, das aber nicht in Betrieb war. Der SL hat eine flache Piste, an der 3SB ist es aber ziemlich steil - für Anfänger definitiv zu steil. Dass man oben eine blaue Variante haben soll, indem man hinten durch den Wald und auf der Rodelbahn fährt, ist mir allerdings vor Ort gar nicht aufgefallen. Besonders attraktiv ist das aber sicher nicht. So kommen nicht besonders viele Anfänger in das Gebiet, gute Skifahrer aber auch nicht. Das erklärt die dauerhaften Probleme, das Gebiet am Leben zu halten.
Im Gegensatz zu einem anderen Bericht war heute gar nichts los und der Lift fuhr durchgehend mit voller Geschwindigkeit
Es gab 3 Varianten für den Haupthang: Direkt rechts und links vom Zaun oder mit dem Bogen am SL-Ausstieg vorbei. Alle haben mir sehr gut gefallen, die Piste hat ordentlich Struktur, sodass man beim Schnellfahren konzentriert fahren muss und viele Sprungmöglichkeiten hat. Genau so müssen Pisten für mich sein :yau:
Schnee war auch sehr gut - schon leicht sulzig und kaum zerfahren
Einen schnellen Fahrer gab es außer mir noch, ansonsten waren ein paar Anfänger unterwegs.
Eine Runde am SL - die Piste ist aber nicht besonders spannend und der Lift sehr langsam. Ein Anfängerlift eben.
Auch einsetzender Schneefall konnte meine Begeisterung nicht bremsen und ich drehte weiter meine Runden
Da geht dann wohl die blaue Piste und die Rodelbahn los, außerdem auch eine Langlaufloipe. Der Lift wird deshalb auch von Langläufern genutzt.
Die Sommerrodelbahn sieht nicht mehr ganz so frisch aus... lt. webseite soll sie "reaktiviert" werden - wie viel Aufwand das dann auch ist. Ohne die lohnt sich aber ein Sommerbetrieb sicher nicht.
Fazit: Genial für einen kurzen Skinachmittag - super Pisten und nichts los.
Um Viertel nach 3 nahm ich dann den Bus direkt zur Rosshütte, Fahrtzeit 15min. Damit bekam ich sogar mehr "Skizeit" als wenn ich geblieben wäre, weil die Rosshütte bis 16:30 Uhr Betrieb hat. So blieb also noch genau eine Stunde für das Skigebiet.
Track rot, alte Besuche blau - LINK ZUM OFFIZIELLEN PISTENPLAN
An der Rosshütte kann man wählen zwischen modern und klassisch - fast alle Pisten sind sowohl durch KSB als auch durch SSB und PB erschlossen.
Die SSB habe ich gerade verpasst (15min-Takt, wie auch an den PB), also mit SL+KSB nach oben
Die Wartezeit zur nächsten Abfahrt der Joch-PB überbrückte ich mit dem Joch-SL, wo ich einfach ausstieg als die Zeit knapp wurde.
Dann mit der letztes Jahr neu errichteten 25er-PB ganz rauf
Das war die beste Piste hier - steil und wenig befahren, oberhalb des SL natürlich am Wenigsten. Alles Andere ist eben auch durch kuppelbare Bahnen erschlossen, das merkt man.
Die Piste am Kaltwasserlift war auch noch ziemlich gut
Als nächstes stand die Härmelekopfbahn mit ihrer letzten Fahrt um 16.15 an
Übers Tal...
Auch die Abfahrt war noch gut in Schuss, das Stück oberhalb der KSB hat auch landschaftlich was zu bieten
Und dann nochmal um 16:30 mit der SSB zur Rosshütte
Ein alter Zwischeneinstieg? Die Bahn fuhr hier auch extrem langsam drüber
Und zum Schluss kam sogar die Sonne raus!
Ganz allein im Skigebiet - diese Abfahrt muss genossen werden
Eine böse Vorahnung hatte ich ja schon, dass es nicht mehr so viele Skitage geben würde...
Und tatsächlich waren das dann die letzten Schwünge der Saison.
Am Abend ging es dann Schlag auf Schlag. Die rote Zone in einzelnen Regionen wurde auf eine Sperrzone für ganz Italien erweitert. Das betrifft dann auch die vielen Südtiroler Studenten, damit war klar, dass auch die Uni beeinträchtigt ist. Dementsprechend kam nur wenige Minuten später von der Uni die Info, dass keine "Präsenz-"Lehrveranstaltungen mehr stattfinden. Außerdem wurde in einem Innsbrucker Studentenheim wegen einem Corona-Fall ein ganzer Stock isoliert. Weil ich das in meinem Heim, in dem auch noch sehr viele Südtiroler wohnen, nicht haben will, bin ich direkt am nächsten Tag nach Fulda gefahren. Weil ich tatsächlich leichtes Fieber hatte - das kann aber gut der Aufregung geschuldet sein - habe ich mich gleich am Mittwoch testen lassen, obwohl ich eigentlich keinen Kontakt zu einem Infizierten hatte. Im Studentenheim sehe ich das Ansteckungsrisiko aber als recht hoch an. Bis zum Ergebnis bin ich natürlich zu Hause zu isolieren. Im Informationsblatt steht es kommt am nächsten Tag, gesagt wurde mir zwischen 30 und 60 Stunden - jetzt sind es schon 3 Tage ohne Ergebnis. Das Fieber ist gleich am nächsten Tag wieder verschwunden, ich glaube auch eigentlich nicht, dass ich etwas habe, aber ich will hier natürlich auch niemanden anstecken.
Ich wünsche allen viel Gesundheit und Kraft, diese Situation zu überstehen!